Karl Piochowiak Bürgermeister in Ostbevern!
Karl PiochowiakBürgermeister in Ostbevern!

Mobilität - ÖPNV und SPNV

Wenn wir über Mobilität sprechen, uns darüber unterhalten und auch streiten, dann fällt eines auf: Es gibt viele Formen der Mobilität. Und je nach Lebenssituation bedeutet dies auch Betroffenheit in unterschiedlichem Maße. Und da unterscheiden wir uns in Ostbevern auch nicht von allen anderen. Ich möchte hier versuchen, einen Überblick zu geben über das, was beim Thema Mobilität in Ostbevern in den letzten Jahren, aktuell und künftig von Bedeutung ist. Und zwar zunächst mit Blick auf den öffentlichen Personennahverkehr in Form des Schienenverkehrs.

Mein Berührungspunkt mit Mobilität

 

Mich persönlich betrifft das Thema der Mobilität im beruflichen und privaten schon seit meiner Jugend. Für mich war es selbstverständlich, damals noch am Rande Ostbeverns wohnend, die Wege zur Kindertagesstätte und zur Schule, ob Grundschule oder Loburg, zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurückzulegen. Die Familie hatte nur ein Auto und das war quasi ständig mit dem Vater unterwegs zu seinen Dienstorten im drei Schicht Betrieb. Autofahren war zu dieser Zeit in einem Käfer mit fünf Personen oder späteren Kleinwagen mit damals noch im Auto rauchenden Personen nie ein Vergnügen.

 

Ebenso selbstverständlich war es dann für mich, den Weg nach Münster zur Ausbildungsstelle und meinem späteren Arbeitsplatz fast durchgehend mit Bus oder Bahn zurückzulegen. Das gleiche galt für die vielen Dienstreisen, die ich deutschlandweit durchführte. Ich könnte also - wie viele tausende andere Berufspendler auch - Bücher füllen über das Scheitern des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) und Schienenpersonennahverkehrs (SPNV). Wir sprachen über viele Jahre von den Zügen, die die Deutsche Bahn im Nahverkehr zur Verfügung stellte von "Schrott, der sich bewegt". So war es ein Aufatmen, als die Privatisierung des Nahverkehrs zu neuen, modernen Zügen mit der Westfalenbahn führte. Dass das gut funktionierende System eines kleinen regionalen Unternehmens aus Bielefeld dann im Rahmen eines Ausschreibungsverfahrens von der EUROBAHN abgelöst wurde, war der Anfang vom Ende der Verlässlichkeit des SPNV für Berufspendler. Von Beginn an hielt das Unternehmen nicht das, was es versprach. Ein Desaster mit Ankündigung!

 

Der Weg zum Bahnhof führte mich über viele Jahre mit dem Fahrrad, da an einen Buslinienverkehr zu diesem Zeitpunkt (Anfang der 1980er) nicht zu denken war. Die Einführung eines Transfers damals mit Taxi Stember war eine echte Revolution! Schon damals habe ich mit anderen aus dem politischen Kreis von Bündnis 90/Die Grünen und einem befreundeten Busunternehmer Fahrpläne einer Linienführung eines Busses zum Bahnhof entworfen und dem Rat vorgestellt. Das ließ sich zu diesem Zeitpunkt noch nicht platzieren. Später, als die Fahrgastzahlen im Taxi die Kapazitäten deutlich überschritten entschloss sich der Rat dann doch zur Einrichtung eines Buslinienverkehr. Die richtige Entscheidung!

 

Da mein Vater Schrankenwärter an der Strecke von Münster nach Osnabrück in den Abschnitten Ostbeverns war, habe ich schon allein familiär geprägt die Abschaffung der Schrankenposten zur Ermöglichung einer Schnellzugverbindung bis Hamburg und Ausbau der Güterzugkapazitäten mit verfolgt. So auch den Bau der Überführung und Verlegung der damaligen Landesstraße in ihren heutigen Verlauf und Bau der heutigen Unterführung, dort wo früher ein Schrankenübergang war. Dies wurde damals als Erfolg gefeiert. Heute fragen wir uns alle: Warum wurde kein Fahrradweg über die Brücke gebaut und warum nicht gleich eine Rampe oder ein Aufzug für die Unterführung mitgedacht? Die Frage wird wohl unbeantwortet bleiben.

Problemstellung der Unterführung

 

Ich habe mich - wie meine Vorgänger mindestens seit Anfang der 2010er Jahre auch - sehr ausführlich in die Sach- und Aktenlage dieser Unterführung eingearbeitet. Für mich zunächst überhaupt fraglich, warum die Gemeinde für einen "Tunnel", der die Aufgabe hat, Personen unter einem Gleisbett zur anderen Seite zu befördern, zuständig sein könnte, dafür die Barrierefreiheit herzustellen, wenn doch die Bahn selber für ihre Barrierefreiheit der Bahnhöfe sorgen muss. Erstaunliche Erkenntnis für mich: Mit der Schaffung der Überführung in Sichtweite des Bahnhofs durch die Bahn ist vertraglich vereinbart, dass der damals neu geschaffene Tunnel in das Eigentum der Gemeinde übergeht. Warum und wieso es so geregelt wurde, ist für mich heute nicht erkennbar. Ergebnis ist aber, dass aus dieser Konstellation ein hohes Maß an Komplexität entsteht, da die Gemeinde gemeinsam mit der Bahn mit im Boot sitzt, aber nicht das Steuer in der Hand hält. Und schon gar nicht als Kapitän an Bord ist.

 

Denn, auch als Eigentümer des Tunnels kann die Gemeinde nicht einfach Baumaßnahmen an diesem durchführen. Jede Maßnahme dort muss mit der Bahn abgestimmt sein, denn dies führt während der Bauzeiten zu Sperrzeiten des Nah-, Fern- und Güterverkehrs. Auf diese Sperrzeiten hat die Gemeinde - so sehr man sich das wünschen möchte - keinerlei Einfluss!

Barrierefreiheit - was sagt die Deutschen Bahn

 

Jetzt fragt man sich, warum hat die Deutsche Bahn denn keine Eile mit der Barrierefreiheit ihres Bahnhofs und damit auch einer Maßnahme zur Barrierefreiheit unserer Unterführung?

 

Wer genau hinschaut, z. B. in der Bahn App, wird Hinweise der Bahn finden, dass die Ausstattung des Bahnhofs Ostbevern mit einem stufenfreien Zugang der Bahnsteige 1 und 2 ausgestattet ist. Das verwirrt im ersten Moment, denn das ist tatsächlich gegeben. Die barrierefreie Erreichbarkeit von einem Gleis zum anderen wird davon seitens der Bahn nicht erfasst. Da es barrierefreie Möglichkeiten zur Querung in Westbevern und Kattenvenne gibt, ist anzunehmen, und das wird in Gesprächen aus geäußert, dass es schwer ist, die Maßnahme am Bahnhof in die Reihe der vielen tausend noch zu erfüllenden Maßnahmen an Bahnhöfen in ganz Deutschland einzureihen.

 

Dennoch wird gemeinsam an dem Ziel gearbeitet, die Maßnahme in eine Sperrpause für den Zugverkehr so bald wie möglich hineinzubekommen.

 

Zur Erinnerung: Ich persönlich bin seit Amtsübernahme zusammen mit den Kolleg:innen im Rathaus in etlichen Gesprächen mit der Bahn unterwegs. Und mit Verlaub: Meine Amtsvorgänger auch. Die Bahn plant ihre vielen tausend gleichgelagerten Maßnahmen nach ihren Prioritäten. Es würde zu weit führen, dies an dieser Stelle zu erläutern. Die Informationen sind auf den Internetseiten der Deutschen Bahn abrufbar.

 

Die einzelnen Sachstände zum Projekt einer Barrierefreiheit der Unterführung können im Bürgerinformationssystem der Gemeinde Ostbevern über die Suche z. B. mit dem Stichwort "Unterführung" abgerufen werden. Wichtig in diesem Zusammenhang: Der Gemeinderat hat sich in seiner Sitzung am 12.11.2015 dafür ausgesprochen, die Planungen mit der im Ausschuss und Rat vorgestellten Alternative zur Umsetzung eines Rampensystems zur Grundlage aller weiteren Gespräche und Förderanträge zu machen. Die entsprechende Machbarkeitsstudie, die Grundlage für diese Entscheidung war, kann dem Tagesordnungspunkt der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses am 10.09.2015 entnommen werden.

 

Auf dieser Grundlage hat die Gemeinde kontinuierlich weitergearbeitet und u. a. Förderanträge gestellt, Grunderwerb für die Rampen getätigt, Verträge mit der Bahn erarbeitet, um beide Baumaßnahmen gleichzeitig und koordiniert durchführen zu können und steht bereit, sobald die Entscheidungen bei der Bahn insbesondere zur Blockierung des Bahnverkehrs durch die zu beschließende Sperrpause entsteht.

 

Ich als Bürgermeister werde auch weiterhin die Gesprächsfäden nicht abbrechen lassen und beharrlich für das Ziel einer vollständigen Barrierefreiheit kämpfen. 

Was kann gemacht werden, wenn die Bahn sich weiter nicht bewegt?

 

Grundsätzlich gibt es natürlich auch Möglichkeiten, Personen, die nicht oder nur beschwerlich die Unterführung queren können, auf andere Weise zur jeweils anderen Seite der Gleise zu befördern oder alternativ eine barrierefreie Teilhabe am SPNV zu ermöglichen. Dazu könnten gehören:

 

  • Bustransfer auch auf die andere Seite des jeweiligen Bahnsteigs (ähnlich, wie es vor einiger Zeit am Telgter Bahnhof umgesetzt wurde). Problematik: Fehlende Wendemöglichkeiten für Busse an Gleis 2 (auf der Bröcker Seite).
  • Genereller (Taxi-) Transfer für Personen, die entsprechende Einschränkungen nachweisen können - quasi zurück zum "Taxi Stember Modell" - das wird, wenn überhaupt im Linienbündel umsetzbar, Geld kosten und muss beraten werden.
  • Einrichtung eines Bürgerbusses zum Bahnhof, der mit kleineren Fahrzeugen fährt und dadurch auch für diese Belange flexibler eingesetzt werden könnte. Dazu gibt es einen konkreten Prüfauftrag des Rates an die Verwaltung, der strukturiert abgearbeitet wird!
  • Ermöglichung eines Bustransfers von Ostbevern zum Bahnhof Westbevern (Vadrup) - hierüber habe ich bereits einige Gespräche vor dem Hintergrund des Dilemmas mit der Buslinie 418 zum Bahnhof geführt. Dies scheint grundsätzlich nicht ausgeschlossen, aber hat viele Hürden. An dieser Stelle erinnere ich an den strategischen Ansatz zur Verbesserung des ÖPNV mit der Einführung eines gegenläufigen Pendelverkehrs Ostbevern Dorf - Westbevern - Vadrup - Brock - Bahnhof Ostbevern - Ostbevern Dorf. Mindestens muss dies bei der Ausschreibung des neuen Linienbündels für den Kreis Warendorf zu 2030 mitgedacht werden.

Aber, Vorsicht in der Porzellankiste!

 

Vorsicht mit Aktionismus! Auch hier müssen wir einen Schritt nach dem anderen gehen und die Wirkung der Maßnahmen, auch in finanzieller Hinsicht, bedenken. Die Finanzlage habe ich im Menüpunkt "Zur Sache - Finanzen" ausführlich erläutert. 

 

Ich stehe dafür nicht bereit, im Rahmen eines Wahlkampfes den Menschen in Ostbevern auch in Bezug auf eine Barrierefreiheit des Bahnhofs Dinge zu versprechen, die nicht eingehalten werden (können) oder die von der Gemeinde nicht geleistet werden können, aus welchen Gründen auch immer.

 

Und auch hier das Thema Konnexität und Zuständigkeit:

 

Wir können anderen nicht die Verantwortung abnehmen. Und auch da bleibe ich in den Gesprächen mit den großen Playern wie Deutsche Bahn beharrlich: Die Sichtweise der Bahn, dass ihre Bahnsteige im ländlichen Raum barrierefrei erreichbar sind, wenn die Gleise jeweils ohne Stufen erreicht werden können, muss geändert werden. Und da werde ich auch meine Möglichkeiten im Verbund mit anderen Bürgermeister:innen z. B. der Arbeitsgemeinschaft der Parteilosen Bürgermeister:innen in NRW nutzen.

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© Karl Piochowiak