Wir leben auf dem Lande. Naturgemäß gehört das Auto für die eigene Mobilität dazu. Nicht allein, um für berufliche Zwecke unterwegs zu sein. Die Wege zum Facharzt, des Einkaufs, der Freizeitgestaltung. Und manchmal ist in Westfalen auch das Wetter in keiner Weise geeignet, ohne Auto trocken von A nach B zu kommen. Es ist auch festzustellen, dass das Auto in den Familien oft auch ein Statussymbol ist. So gehört es in vielen Familien fast schon dazu, dass mit dem Bestehen des Führerscheins die individuelle Mobilität geprägt wird durch den Kauf eines weiteren Fahrzeugs. Nicht immer kann eine zwingende Notwendigkeit abgeleitet werden. Es gehört eben aber auch zur Freiheit in unserer Gesellschaft dazu, sich dies zu leisten.
Autos benötigen Platz
Zum Problem wird dies dann, wenn die Autos im Wege stehen. Wie viele Stellplätze beispielsweise für Wohneinheiten in Ein- oder Mehrfamilienhäusern vorzuhalten sind, regelt eine landesgesetzliche Verordnung. Im Groben pro Wohneinheit ein Stellplatz. Die tatsächlichen Verhältnisse sehen in der Anzahl der zu einer Wohneinheit gehörenden Autos oft anders aus. Die Grundstücke und Straßen im Wohngebiet lassen aber das geordnete Abstellen so vieler Autos nicht immer zu. So kommt es auch in Ostbevern zu unerwünschten Ergebnissen. Autos stehen dort, wo sie nicht stehen dürfen, versperren insbesondere in Wohngebieten wichtige Wege für Rettungskräfte und Feuerwehr. Ich selber konnte mich bei einer Testfahrt mit einem Einsatzwagen unserer Feuerwehr davon überzeugen und musste feststellen, dass noch nicht einmal das eingeschaltete Martinshorn den versperrten Weg frei machte. Ein Dilemma für diejenigen, die mit der Hilfe dann nicht erreicht werden können.
Autos benötigen aber auch auf den Straßen Platz. Die Autos von heute sind aber nicht mehr die Autos von gestern. Größer, breiter, schneller. Die Straßen in Ostbevern insbesondere im Ortskern sind aber immer noch dieselben wie vor Jahrzehnten. Das führt zu einer erheblichen Belastung. Die Knotenpunkte sind uns allen bekannt. Insbesondere Beusenstraße, Erbdrostenstraße, Großer Kamp, Engelstraße, Hauptstraße auswärts Richtung Kreisverkehr, die Kreuzung zur Wischhausstraße, die Ecke Johannes-Poggenburg-Straße/Hanfgarten um nur Beispiele zu nennen.
Hinzu kommt noch, dass trotz der vorhandenen ausgebauten Umgehungen der LKW-Verkehr nicht aus dem Ortsnetz herausgehalten bleibt. Das liegt zum einen an vorzuhaltenden Vorrangstraßen, zum anderen aber auch daran, dass auch LKW-Fahrer mit veralteten Navigationssystemen unterwegs sich beharrlich an ihre bekannten Strecken halten.
Fahrräder und Fußgängen haben es da schwer
Auf der Strecke in diesem Ranking bleiben auch in Ostbevern oft die Fußgänger und Fahrradfahrer. Ob nun als Kleinkind mit dem Roller oder dem Kinderfahrrad, als älter werdender Mensch mit Rollator, mit neuen Radsystemen wie Lasten-Fahrräder, mit Kinderwagen oder bei einer körperlichen Einschränkung mit dem Rollstuhl. Gewiss, die neue Mitte sorgt über weite Teile des Ortskerns nun für Barrierefreiheit und Vorrang für Fußgänger und Radfahrer (Stichwort "die kleinste Fußgängerzone der Welt"). Im Schulumfeld haben wir nun zu den Stoßzeiten morgens eine, wie ich finde, sehr gute Lösung gefunden, Gefahrensituationen für unsere Kinder zu entschärfen (Durchfahrverbot in der Zeit zwischen 7:15 Uhr und 8 Uhr, Sondernutzungen für Anwohner).
In anderen Bereichen des Dorfes und im Brock gibt es aber noch Handlungsbedarf. Wir sind mit dem Projekt "Fußverkehrscheck" gestartet. Diesen Prozess können wir miteinander nutzen, uns den wichtigsten Gefahrenstellen zuzuwenden und einiges vielleicht schon mit "Bordmitteln" selber zu korrigieren.
Schwierig wird es immer dann, wenn wir selber Verkehrsregeln ändern wollen. Da sind wir abhängig vom Straßenverkehrsamt des Kreises Warendorf. Die wiederum von den gesetzlichen Vorgaben unserer Straßenverkehrsordnung. Ja, das ist größter Knackpunkt bei allen Überlegungen, wenn es um zu hohe Geschwindigkeiten, Durchsetzung von Verboten oder verkehrsrechtlichen Anordnungen geht. Insbesondere dann, wenn es Aufgabe eines Bürgermeisters ist zu erklären, dass das, was man sich gewünscht hat, verkehrsrechtlich nicht angeordnet wird und werden kann.
Das kommunale Mobilitätskonzept
Vor diesem Hintergrund bin ich sehr dafür eingetreten, mit einem Mobilitätskonzept für Ostbevern diese Themenfelder strukturiert anzugehen. Das Konzept liegt nun vor und ist auf der Internetseite der Gemeinde Ostbevern einzusehen. Mit dem Integrierten Mobilitätskonzept werden die Leitlinien der zukünftigen Verkehrs- und Siedlungsentwicklung über das Jahr 2035 hinaus vorgegeben. Die Maßnahmenkataloge sind konkret und greifen viele der o. g. Problemstellungen auf.
Was ich für wichtig dabei halte:
Es ist vermutlich eine Illusion davon auszugehen, dass wir auch in Zukunft weniger Autos zählen werden. Wir müssen also den Mut haben, unsere Verkehrssituation intelligent so zu verändern, dass nicht alle Verkehrsträger zu jeder Zeit oder an jedem Ort aufeinandertreffen. Ein gutes Beispiel ist der nun in die Dauerhaftigkeit überführte Verkehrsversuch oder unsere neue Fußgängerzone. Erste Ideen z. B. für Einbahnstraßenführungen sind angedacht. Aber noch nicht bewertet. Das gilt es nun weiter fortzuführen.
Mir schwebt eine stärkere Vorrangstellung von Fahrrädern auch im Ortskern vor. Wichtige Achsen von Norden nach Süden und Westen nach Osten müssen für unser Fahrradfahrenden gleich welchen Alters und mit welchen Rädern immer sicher sein. Gleiches gilt im übertragenen Sinne für die Fußgänger. Flexibilisierungen der Straßenverkehrsordnung, die der Gesetzgeber zulässt, müssen wir mitnehmen und auf Ostbevern übertragen.
Wir haben gut funktionierende Pättchen und Wege auch im Ortskern. Manche Achse könnte ggfs. noch durch weitere Pättchen verkürzt werden. Oft scheitert dies aber zunächst an der Verfügbarkeit der Flächen. Wir setzten pflichtgemäß sukzessive den "Pollererlass" unseres Verkehrsministers um. In diesem Zusammenhang müssen wir schauen, dass die sich öffnenden Fahrradwege auch genutzt und befahren werden. Und zwar nur von denen, für die die Wege gedacht sind. Und nicht beispielweise von Lieferdiensten von Onlinehändlern! Das ist quasi die Quadratur des Kreises, Wege durchgängiger zu machen und gleichzeitig Fahrzeuge herauszuhalten, die dort nicht hingehören.
Verbote und Schilder allein, wenn sie angebracht werden können, werden nicht ausreichen. Sobald die Schilder stehen, wird angemahnt, das Verbot oder die Reduzierung der Geschwindigkeit auch zu kontrollieren. Ich als Bürgermeister darf dies nicht! Und für den Kreis gibt es da rechtliche und Kapazitätsgrenzen. Ich bleibe aber weiter dabei, im Sinne von Smart City auch an digitale Lösungen zu denken, wie sie z. B. für die Parkraumüberwachung in Ahaus im Einsatz sind und werde auch weiterhin die gemeinsamen Arbeitskreise auch für eine Umsetzung bei uns - vielleicht im Wege von Pilotprojekten - kämpfen.